Die milliardenschwere Ansiedlung geht wahrscheinlich nach Görlitz. Hoyerswerda hat trotzdem nicht vor, leer auszugehen. Oberbürgermeister Torsten Ruban-Zeh hat der Neuen Lausitz gesagt, was er im Gegenzug vom Freistaat verlangt.
Frage: Herr Ruban-Zeh, die Auswahl des Großforschungszentrums geht in die heiße Phase. Im Herbst soll die Entscheidung fallen, wo das Milliardenprojekt angesiedelt wird. Worauf kommt es jetzt für Sie an?
Wir müssen uns weiterhin um Unterstützung aus der Politik bemühen, um an diesem Projekt teilzuhaben. Auch wenn es mit hoher Wahrscheinlichkeit in Görlitz angesiedelt wird. Denn von den sechs verbliebenen Projekten haben die für die Lausitz in Frage kommenden als Hauptstandort Görlitz eingegeben. Wir hatten gehofft, dass das anders kommt, aber das können wir als Stadt natürlich nicht beeinflussen. Hoyerswerda ist nach aktuellem Stand nicht mehr im Rennen für den Hauptsitz dieses Zentrums.
Was macht Sie da so sicher?
Das ist, was wir aus der Staatsregierung hören. Es war damit zu rechnen, dass der Ministerpräsident dieses Zentrum in Görlitz wünscht. Und nun scheint es so zu passieren. Der Standort, um den es jetzt im Verfahren geht, wird politisch entschieden, nachdem es in der ersten Runde um wissenschaftliche Belange ging.
Was bedeutet das für Hoyerswerdas Platz in der Forschungslandschaft?
Den Platz in der Hochschullandschaft bekommen wir sowieso. Hoyerswerda bekommt einen Forschungscampus der TU Dresden, da geht nächstes Jahr der Bau los. Die TU Dresden braucht diesen Campus auch, um ihren Status als Exzellenzuniversität zu halten. Das ist schon eine gute Sache für unsere Stadt, dass wir dafür sorgen können. Aber natürlich geben wir unsere Bemühungen um das Großforschungszentrum nicht so einfach auf.
Was hat Hoyerswerda von solchen wissenschaftlichen Ansiedlungen?
Eine Menge. Wir haben vor, hier in der Stadt etwas anzusiedeln, das Strahlkraft hat und Arbeitsplätze bringt. Für eine Kommune wie unsere ist so etwas von unschätzbarem Wert – auch wenn der nicht sofort ins Auge springt. Es dauert einfach, bis sich eine solche Ansiedlung für das Image der Stadt auszahlt. Bis man einen Ruf erworben hat als Ort, an dem es gute Perspektiven für Leute mit spezieller und hoher Qualifikation gibt. So etwas passiert nicht in fünf Jahren, eher in 15 Jahren. Aber dann liegt der Effekt auf der Hand: Über Forschung lockt man junge Menschen an, man bringt Innovation in seine Unternehmen und es hilft auch, neue Unternehmen anzuziehen.
Ist das nicht ein bisschen viel verlangt?
Man braucht nur nach Bayern zu schauen, was dort gewachsen ist, seit sie dort in jeder halbwegs großen Stadt eine Fachhochschule aufgemacht haben. Da sind Orte dabei, die sind kleiner als Hoyerswerda. Wenn die das können, können wir das auch.
Die Entscheidung von großen Forschungseinrichtungen kann auch darüber entscheiden, welche Stadt sich als neues Zentrum östlich von Dresden etabliert. Was spricht für Hoyerswerda?
Für uns spricht, dass wir kernbetroffen sind vom Strukturwandel und hier für die Zukunft etwas sehen. Und um die Zukunft geht es bei solchen Entscheidungen – teilweise weit über eine Generation hinaus. Kürzlich hat mir ein junger Mann gesagt, er wird von hier weggehen, weil er für seine Kinder keine Zukunft sieht. Der macht gerade Abitur und denkt schon an die eigenen Kinder. Wir müssen da als Lausitz Antworten geben können.
Welche Antworten geben Sie?
Hoyerswerda ist eine Stadt, wo man gut aufwachsen kann. Für Familien gibt es hier einen guten Rahmen. Das ist längst nicht mehr selbstverständlich in Ostsachsen. Versuchen Sie mal, in Görlitz einen Kitaplatz zu finden, da wird es langsam schon schwer. In gewisser Weise sind Görlitz und Bautzen schon überfüllt. Hoyerswerda hat noch jede Menge Platz. Und das Seenland haben wir gleich nebenan. Abgesehen davon haben wir die Verbindung zu Brandenburg. Denn es ist ja trotzdem eine ganze Region, die sich im Wandel befindet. Auch wenn es zwei Bundesländer sind.
Was erwarten Sie jetzt vom Freistaat, wenn ihnen das Großforschungszentrum durch die Lappen geht?
So oder so brauchen wir eine schnellere Bahnverbindung von Dresden nach Hoyerswerda. Alle unsere Bemühungen, hier akademische Einrichtungen aufzubauen, hängen davon ab. Nur mit kurzen Wegen können wir besser an Dresden andocken und diesen Vorteil unserer Lage besser ausnutzen. Es müssen schnellere Züge fahren, das kann nicht erst im nächsten Jahrzehnt passieren.
Mit Torsten Ruban-Zeh sprach Christine Keilholz.