„Tradition zu erhalten, erfordert Bewegung.“

Manchen Weihnachtsmarkt gibt es nur, weil sich Menschen ehrenamtlich engagieren. Warum sie das tun und was sie dafür wollen, weiß die Cottbuser Kulturforscherin Claudia Arndt.

Von Claudia Arndt

Die Gemeinde Schwarzbach liegt unweit vom Senftenberger See und hat auf den ersten Blick nichts Besonderes an sich. Die Hecken sind sauber geschnitten, „Axels Gasthof“ ist seit 90 Jahren im Familienbesitz. Etwa 800 Menschen leben in den beiden Ortsteilen Schwarzbach und Biehlen. Einige schon immer, andere sind neu dazugekommen oder zurückgekehrt. Die einzige Frisörin im Ort, Kristin Drogla, schneidet die meisten früher oder später. Die barocke Gutsanlage ist so barock und gut wie viele andere. 

Schwarzbach könnte Bullerbü heißen. Und für die, die Astrid Lindgrens berühmtes Musterdorf lieben, fühlt es sich wohl auch so an. Solche Dorfgemeinschaften und ihre Kultur erforsche ich. Schwarzbach ist da ein spezieller Fall. Das Dorf hat geschafft, was viele vergeblich versuchen: In Schwarzbach ist was los. Und das im besten Sinne. Dahinter steckt ein kulturelles Phänomen, das es verdient, genauer angeschaut zu werden.  

Das Wichtigste: Es wird etwas zusammen geschaffen  

Schwarzbach ist ein Vorbild für das, was im trockenen Verwaltungston „ehrenamtliches Engagement“ heißt. Die gute Tat für die Gemeinschaft steht gerade vor Weihnachten hoch im Kurs. Da füllen sich die Spendendosen, es mehren sich Benefiz-Konzerte für Kinder in armen Ländern oder den Tierschutz. Dabei ist nicht unbedingt das Geld entscheidend, das zusammenkommt. Wichtiger ist: Es wird etwas zusammen geschaffen. 

Weihnachtsmärkte sind ein Produkt dieses Phänomens. Kaum ein anderes Ereignis bringt so viele Menschen auf die Straßen. In Cottbus geht er über Wochen. Und da nicht mehr zu befürchten ist, dass sich dabei ein gefährliches Virus ausbreitet, überwiegt der erfreuliche Effekt. Weihnachtsmärkte sind ein Segen für das Miteinander. Im Umfeld von Glühwein, Quarkkäulchen und Autoscooter entstehen Freundschaften, Ehen oder Kinder, das darf man wohl annehmen. 

Nicht überall ist das Drumherum aus Lichtern, Hütten und Singsang auch ein gutes Geschäft. Abseits der großen Einkaufsmeilen gibt es Weihnachtsmärkte nur, weil sich Bürger dafür engagieren. Wie der kleine alternative Adventsmarkt an der Cottbuser Klosterkirche, der traditionell am zweiten Adventswoche stattfindet. …
 
Claudia Arndt, 1988 in Cottbus geboren, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich Soziale Dienstleistungen für strukturschwache Regionen der BTU Cottbus-Senftenberg. Ihre Doktorarbeit schreibt sie über kulturelle Prozesse innerhalb der Transformationsregion Lausitz. Nebenher arbeitet sie für den Verein Kulturforum Cottbus, die „Bühne Acht Cottbus“ und als Autorin für Magazine. Sie wirkte auch beim Kulturplan Lausitz mit.

Das Titelfoto zeigt den Weihnachtsmarkt in Schwarzbach (Kreis Oberspreewald-Lausitz). Ihn gibt es nur, weil Ehrenamtliche ihn organisieren. Foto: Bettina Henkel

Dies ist ein Text aus dem Neue Lausitz Briefing vom 20. Dezember 2022.

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