Lausitz-Länder nehmen ukrainische Lehrkräfte in Dienst

Sachsen will sofort 200 ukrainische Lehrerinnen einstellen – schneller als andere Bundesländer. So könnten 3500 Flüchtlingskinder unterrichtet werden. Erwartet werden noch deutlich mehr.

Von Christian Füller

Unter den Geflüchteten vor Putins Invasion sind viele schulpflichtige Kinder, deren Beschulung und Integration sichergestellt werden muss. In der Lausitz geht Sachsen nun mit großen Schritten voran: Schon am gestrigen Montag sollten die ersten ukrainischen Lehrerinnen ihren Dienst antreten. Das Land Brandenburg will den ukrainischen Lehrkräften 3500 Euro brutto im Monat zahlen. Beide Lausitz-Länder wollen neben Integrationskursen Unterricht gemäß ukrainischem Lehrplan anbieten – mithilfe von geflüchteten Lehrkräften und der ukrainischen Gemeinschaft im Osten Deutschlands. 

Die Herausforderung für das Bildungswesen ist zweiteilig: einerseits gilt es, für schulpflichtige Kinder Unterricht zu organisieren, andererseits müssen die Abschlüsse ukrainischer Lehrkräfte anerkannt werden, damit diese bei der Beschulung der Kinder überhaupt mithelfen dürfen. Dieses Verfahren müssen grundsätzlich alle ausländischen Lehrkräfte durchlaufen, die in Deutschland unterrichten wollen. Neben Zertifikaten für zwei Schulfächer ist ein hohes Deutschniveau nachzuweisen. Das Verfahren dauert lang und kostet Hunderte Euro. Eigentlich hatten die Kultusminister ein vereinfachtes Verfahren für die ukrainischen Lehrer angesichts des furchtbaren Krieges angekündigt. Doch daraus wird nichts – außer in Sachsen. 

Unterricht in der Muttersprache

Der Freistaat hat sich entschlossen, im Eilverfahren zunächst 100 Lehrkräfte und weitere 100 Assistenzkräfte einzustellen. Immerhin 100 Lehrerinnen würden demnach als reguläre Lehrkräfte eingestellt – wenn auch nur befristet. So sollen geflüchtete Kinder schnell unterrichtet werden können; bereits am Montag würden die ersten der 200 Lehrerinnen ihre Arbeit aufnehmen. In anderen Bundesländern sind zum Teil noch nicht mal die Hotlines für die geflüchteten Lehrkräfte geschaltet. Oder die Einführungskurse werden in Englisch statt in Ukrainisch oder Russisch abgehalten. Sachsen gibt sonst dem Ukrainischen Vorrang – etwa bei den Lehrplänen. Christian Piwarz (CDU), sächsischer Kultusminister, sagt, es gäbe aus der Ukraine den „großen Wunsch“, Kinder weiter in deren Muttersprache zu unterrichten

Um dies zu gewährleisten, sind verschiedene Formate denkbar. So könnten Willkommensklassen mit Deutsch als Fremdsprache vormittags stattfinden und nachmittags Unterricht nach ukrainischem Lehrplan – entweder via Online-Schalte oder vor Ort, wobei die neuen Stellen ins Spiel kämen. Einstellen will die Landesregierung nicht nur Geflüchtete mit pädagogischer Ausbildung, sondern auch bereits länger in Sachsen lebende Ukrainer. Piwarz weiß allerdings, dass die neuen Stellen wohl nicht reichen werden. Sachsen hat in all seinen Willkommensklassen Kapazitäten für circa 3.500 Schulpflichtige, das Bundesland rechnet aber mit insgesamt bis zu 85.000 Geflüchteten – wobei mehr als die Hälfte Kinder sein könnten. Sollten tatsächlich so viele Menschen kommen, würde man mit dem bestehenden System nicht zurechtkommen, sagte der Kultusminister dem MDR. Das bestehende Schulsystem in Sachsen krankt ohnehin schon am Lehrkräftemangel, was zu viel Unterrichtsausfall führt. 

Dienstantritt schon in dieser Woche

In Brandenburg gibt es ähnliche Bestrebungen. Schulministerin Britta Ernst (SPD) hatte früh angekündigt, ukrainische Lehrkräfte unkompliziert einzustellen. Diese sollten im Zweifel nach ukrainischen Lehrplänen auf der Muttersprache der Kinder unterrichten können. So könne man schnell Schulstunden für Geflüchtete gewährleisten. Das Bildungsministerium teilte nun auf Anfrage von Neue Lausitz mit, ein vereinfachtes Verfahren anzuwenden. Ukrainische Lehrkräfte mit guten Deutschkenntnissen werden als reguläres Personal eingestellt. Angeblich sollen die ersten Lehrkräfte auf diese Weise schon in den nächsten Tagen in brandenburgische Klassenzimmer einziehen. 

Britta Ernsts Sprecherin machte allerdings, anders als Sachsen, keine Angaben darüber, wie viele ukrainischer Lehrer man in den Schuldienst aufnehmen will. Wie lange diese Jobs währen, ist noch nicht sicher. „Damit können beschriftete Beschäftigungsverhältnisse zunächst bis Anfang des nächsten Schuljahres begründet werden“, sagte die Sprecherin zu Neue Lausitz. In einem Flyer für die Ukrainerinnen heißt es, wer gut Deutsch könne, solle „eine dauerhafte berufliche Perspektive“ als Lehrkraft bekommen. Das Bruttoentgelt sei überdurchschnittlich und betrage 3.500 Euro. 

Brandenburg kann auch sich zu Gute halten, dass es gleich mehrere Einstellungsmöglichkeiten geschaffen hat. Wer von den Geflüchteten nämlich keine Deutschkenntnisse hat, soll als „sonstiges pädagogisches Personal“ arbeiten. Hier beträgt das Gehalt 2.300 Euro. Die Mittel für diese Lehrkräfte kommen aus Vertretungsbudgets, laut Ministerium ein Unterpfand für schnelle Einstellung. Weiter können auch Brandenburgs Regionale Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie (RAA) Personen einstellen, die dann muttersprachlichen Unterricht geben sollen – für 16 Euro pro Stunde. Im Ministerium rechnet mit den ersten Einstellungen binnen der nächsten Tage – und einer großen Welle nach den Osterferien.