Nach dem Weggang des dänischen Windkraft-Unternehmens schien die Energiewende in Lauchhammer am Ende. Nun übernehmen Chinesen die leeren Hallen. Schaffen solche Investments neue Abhängigkeiten?
von Christine Keilholz
Erleichterung in Lauchhammer. In der Stadt soll eine Batteriezellfabrik entstehen. Die Nachricht über das Investment kam am vergangenen Freitag: Der Batteriehersteller SVolt will das Gelände des Windrad-Herstellers Vestas übernehmen. Das bedeutet: Eine chinesische Firma füllt nun in der Stadt die Lücke, die die Dänen von „Vestas Wind Systems“ mit ihrem endgültigen Weggang im Juni gerissen haben. Erleichterung auch bei der Landesregierung. Die Ansiedlung sei „eine gute Nachricht inmitten krisenhafter Zeiten“, freute sich Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). „Das bringt einen weiteren Schub für die Strukturentwicklung.“
Nicht zuletzt retten die Chinesen auch die Energiewende in jenem westlichen Teil der Lausitz, der keine aktiven Tagebaue mehr hat. Denn die war in Zweifel geraten durch den Abgang von Vestas. Gerade vor einem Jahr, als die Windpark-Anmeldungen lausitzweit aus dem Boden schossen und sogar das Kohleunternehmen Leag seine grüne Transformation ausrief, verabschiedete sich in Lauchhammer der Rotoren-Hersteller Vestas nach 20 Jahren. Das sorgte weit über die Stadt hinaus für Verwirrung.
Damit soll es nun vorbei sein, wie SVolt-CEO Hingxin Yang verkündete. Seine Fabrik trage „mit zum weiteren Ausbau nachhaltiger Elektromobilität in Europa bei“. Für den chinesischen Konzern soll Lauchhammer „ein wichtiger Meilenstein für die weitere Expansion in Europa, aber auch weltweit“ werden. Die SVolt Energy Technology Co., Ltd. ist ein globales Hightech-Unternehmen mit Hauptsitz in China und europäischem Sitz in Frankfurt am Main. Es ist das 23. chinesische Unternehmen, das sich in Brandenburg ansiedelt. Ein bisschen mutet es an, als würde das Bundesland von der einen in die nächste Abhängigkeit schliddern.
Tesla und BASF in der Nachbarschaft
Aber davon war bei der feierlichen Verkündung am Freitag freilich keine Rede. Stattdessen dominierte der Überschwang. Elektromobilität ist ein Hightech-Feld, das Brandenburg mit Hilfe der chinesischen Investoren besetzen will. „Die Lausitz entwickelt ein starkes Profil im Bereich der Batterietechnik“, sagte der Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung (WFBB), Steffen Kammradt. „Brandenburg wird damit noch mehr zum Zentrum der modernen Mobilität in Deutschland.“ Die Ansiedlung ist auch ein Erfolg, den sich die Wirtschaftsförderung auf die Fahnen schreibt. Man habe ein Investment für Lauchhammer gefunden, das „bestens in die Lausitz passt“, betonte Kammradt.
Mit der Entscheidung für Lauchhammer kommt SVolt in gute Nachbarschaft, zu der etwa das Kathoden-Entwicklungsprojekt von BASF in Schwarzheide oder auch Tesla in Grünheide gehören. Batterieentwicklung ist ein umkämpftes Feld. Soeben hat Elon Musk, der Eigentümer von Tesla, angekündigt, eine Raffinerie für Lithiumhydroxid in Texas zu bauen. Tesla braucht das Lithium für Batterien von E-Autos. Der Bedarf ist immens. China schickt sich an, hier eine führende Rolle zu spielen. Unter den zehn größten Batterieherstellern weltweit rangieren derzeit vier chinesische. Nahezu alle großen Autobauer wollen demnächst auf Elektroantriebe umstellen. Eine Produktionsstätte für Batterien ist daher Gold wert – und bedeutet für Brandenburg unter Umständen, das Autoland von morgen werden zu können.
Saarländer protestierten gegen Werk von SVolt
Aber nicht alle wollen eine solche Fabrik in der Nachbarschaft haben. Im Saarland rebellierten mehrere Bürgerinitiativen gegen die Pläne von SVolt, eine Vorserienproduktion aufzubauen. Das Vorhaben am Standort Überherrn wird wohl erst 2027 realisiert werden können. Das ist kostbare Zeit, die im Rennen um die Marktmacht verloren geht. Nun soll Lauchhammer helfen, die „erweiterten Kapazitätsziele in Europa schneller zu erreichen“, heißt es aus der Firmenleitung.
Der Plan: Die in Lauchhammer produzierten Batteriezellen werden in der künftigen Niederlassung im saarländischen Heusweiler weiterverarbeitet und für den Einsatz in E-Fahrzeugen vorbereitet. Das Werk in Lauchhammer ist ein weiterer Meilenstein nach der Modul- und Hochvoltspeicherfertigung in Heusweiler, die sich parallel im Aufbau befindet.
Vestas-Mitarbeiter könnten übernommen werden
Lauchhammers Bürgermeister Mirko Buhr hört das gern. Er sei „fest davon überzeugt, dass Lauchhammer durch die Investition von SVolt seinen Stellenwert als traditioneller Energiestandort nicht nur erhalten, sondern weiter ausbauen wird“. Die Chinesen übernehmen nicht nur das Gelände und die Produktionshallen, in denen Vestas noch bis vor Kurzem Rotorblätter herstellte. Für Erleichterung sorgte zudem die Aussage von SVolt, dass eine Übernahme der Vestas-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter „denkbar“ sei. 1000 Jobs sollen in der Batteriefabrik entstehen, die laut Plan 2025 die Produktion aufnimmt.
Dies ist ein Text aus dem Neue Lausitz Briefing vom 13. September 2022.

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