Agri-Photovoltaik kommt

20. März 2023

HINTERGRUND / ENERGIEWIRTSCHAFT IN DER LAUSITZ

Die kombinierte Nutzung einer Fläche für Anbau und Solarenergie gilt als ein Hoffnungsträger für die Energiewende. Das Berliner Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung und die BTU sehen die Lausitz als perfekte Region für Agri-Photovoltaik.  

von Fabian Lehmann

Landwirtschaftlich nutzbare Flächen sind begehrt. Längst werden dort nicht mehr nur Nahrungsmittel angebaut. Pflanzen wie Mais werden als Biomasse zur Energieerzeugung eingesetzt und auf Äckern und Weiden aufgestellte Wind- und Solaranlagen generieren grünen Strom. Oft stehen der Anbau von Lebensmitteln und die Energieerzeugung in Konkurrenz zueinander. Diesen Konflikt soll die Agri-Photovoltaik, kurz Agri-PV, auflösen und auf einer Fläche beide Nutzungen parallel ermöglichen.

Die Idee ist einfach: Werden die Solarmodule nicht direkt auf dem Boden, sondern in drei Metern Höhe aufgestellt, lassen sich darunter Beeren oder Tomaten anbauen oder Rinder und Schweine halten. Aber auch bodennah aufgestellt, lassen sich die Anlagen so platzieren, dass zwischen den Modulreihen Hühner scharren oder auch Obstbäume wachsen können.

Nicht nur der Konkurrenz um Flächen kann so konstruktiv begegnet werden, heißt es von Befürwortern der neuen Technologie. Mit der Stromerzeugung bietet sich für Landwirte auch eine zusätzliche Einnahmequelle, die vom Agrarertrag unabhängig ist. „Folglich können PV-Anlagen eine interessante Möglichkeit zur Diversifikation der Einnahmen darstellen, die vor dem Hintergrund zunehmender Klimaveränderung an Bedeutung gewinnt“, heißt es in einer Einschätzung im Auftrag des Sächsischen Umweltamts. Und noch ein positiver Effekt für den Anbau von Obst und Gemüse wird erhofft: So können die Solarmodule die darunter oder daneben wachsenden Pflanzen in Dürresommern beschatten oder sie vor Hagelschlag schützen.

Weniger Ertrag akzeptieren

Insbesondere in der trockenen Lausitz kann die zusätzliche Beschattung im besten Fall die Erträge steigern. Voraussetzung ist jedoch, dass Anbaukulturen und Solarmodule bestmöglich abgestimmt sind, um Synergieeffekte zu erzeugen. Lichtliebende Kulturen wie Weizen oder Gerste sind für Agri-PV weniger geeignet als Kartoffeln, Sellerie oder Winterweizen.

Doch auch im optimalen Fall werden die Erträge auf Agri-PV-Flächen geringer ausfallen – sowohl beim Strom als auch bei den Feldfrüchten. Dennoch ergibt sich durch die eingesparte Fläche ein Zugewinn in der effizienten Nutzung, ist Bernd Hirschl überzeugt. Er forscht zu Energiewende und Klimaschutz an der BTU Cottbus-Senftenberg und hat mit seinem Team die Studie „Energiewende in der Lausitz“ veröffentlicht. „Wenn 100 Prozent Weizen auf einem Hektar angebaut werden, und 100 Prozent Solarstrom auf einem weiteren Hektar erzeugt werden, liegt die Landnutzungseffizienz bei 100 Prozent“, sagt Hirschl der Neuen Lausitz. „Wenn aber durch Agri-PV Erträge von 80 Prozent Weizen und 80 Prozent Solarstrom auf nur einem Hektar erzielt werden können, steigt die Landnutzungseffizienz auf 160 Prozent.“ Die Vorteile der kombinierten Nutzung überwiegen demnach deutlich gegenüber der getrennten Nutzung.

Der auf der auf der landwirtschaftlichen Fläche erzeugte Strom kann in das öffentliche Netz eingespeist werden, wofür der Landwirt vergütet wird. Oder aber der Strom wird gleich dort verbraucht, wo er entsteht. Die Energiequelle auf dem Acker ist in Zeiten fortschreitender Automatisierung und Digitalisierung der Landwirtschaft nicht abwegig. Akkus von Fahrzeugen oder Drohnen können direkt vor Ort aufgeladen werden, der Weg zum Hof erübrigt sich.

Gesetze noch nicht optimal

Bei all der Euphorie für die neue Technologie zeigt sich indes, dass es sich um eine Nische handelt, deren Umsetzung an eine Vielzahl von Faktoren gebunden ist. Bislang gibt es deutschlandweit nur etwa ein Dutzend Anlagen und die Technologie steckt noch in den Kinderschuhen. Deutlich weiter ist man in China, wo allein zwölf Gigawatt durch Agri-PV-Anlagen erzeugt werden. In Brandenburg ist das Vorhaben des Unternehmens Sunfarming aus Erkner auf 550 Hektar das größte seiner Art. Umgesetzt wird es in Steinhöfel (Landkreis Oder-Spree), nordöstlich von Fürstenwalde.

In einer Potenzialstudie geht die Stiftung Klimaneutralität davon aus, dass auf lediglich einem Prozent der landwirtschaftlichen Fläche Deutschlands Agri-Photovoltaik sinnvoll und kosteneffizient angewendet werden kann. Ein Grund dafür sind die Mehrkosten bei der Installation und dem Betrieb der speziellen Solaranlagen. Diese könnten ausgeglichen werden, würden die Ökosystemdienstleistungen honoriert, die sich aus der Flächenschonung ergeben. Laut Bernd Hirschl ist die Bundesregierung mit der letzten Novelle des Eneuerbare-Energien-Gesetzes erste Schritte in diese Richtung gegangen.

Die Einspeisevergütung und Boni für die kostenintensiven Agri-PV-Anlagen genügten aber noch nicht, die Einstiegshürde für Landwirte sei noch immer zu hoch. So müssten auch kleinere Anlagen unter einem Megawatt Leistung speziell gefördert werden. „Aus der Akzeptanzforschung wissen