Ostsachsens Verkehrszonen fusionieren

13. August 2024

HINTERGRUND / NAHVERKEHR IN SACHSEN

Östlich von Dresden soll es nur noch einen Verkehrsverbund geben. Damit kommt einem einheitlichen Nahverkehr ein Stück näher. Doch der Durchbruch hat noch ein paar Hürden zu nehmen.

von Christine Keilholz

Vom Bahnhof in Görlitz schneller nach Dresden, das ist das Ziel. Dafür fusionieren nun zwei Verkehrsverbünde. Foto: DB

Außenaufnahme des Bestandes der geschützten Architektur des Bahnhofs Görlitz der DB Station&Service AG vor der Ertüchtigung im Konjunkturprogramm 2021 (KP 21) und anderen Bauprogrammen.

Foto am 4. Juli 2021.

Die beiden Zweckverbände Verkehrsverbund Oberlausitz-Niederschlesien (ZVON) und Verkehrsverbund Oberelbe (ZVOE) sollen fusionieren. Der Verkehr zwischen Dresden und Görlitz wird damit künftig unter dem Dach eines einheitlichen Verbands organisiert. Dem stimmten am vergangenen Freitag die Mitglieder der Verbandsversammlung des ZVON zu. Das bedeutet auch einheitliche Tarife in den Kreisen Görlitz und Bautzen.

Die Fusion wurde über Monate mit dem Verkehrsministerium in Dresden verhandelt. „Ein gemeinsam organisierter ÖPNV von Dresden bis Görlitz ist ein Gewinn für alle Nutzerinnen und Nutzer von Bus und Bahn in Ostsachsen“, sagte Minister Martin Dulig (SPD), „er wird die Nutzung vereinfachen und die Attraktivität des ÖPNV steigern.“ Der Freistaat krönt die bevorstehende Verbandshochzeit mit einer Anschubfinanzierung von vier Millionen Euro.

Die Absichtserklärung, die Dulig und die Landräte Stephan Meyer und Udo Witschas (beide CDU) am Freitag unterzeichneten, enthält auch einen Zeitplan. Bis April 2025 sollen beide Verbände konkrete Vorschläge machen, wie eine Eingliederung des ZVON in den ZVOE bis Juli 2026 umgesetzt werden kann.

Durchbruch für Dulig

Sachsens Nahverkehr ist ein Flickenteppich. Die Struktur der Zweckverbände stammt noch aus Zeiten früherer Kreiszuschnitte, entspricht aber längst nicht mehr den Bedürfnissen von Reisenden und Pendlern. Der ZVON etwa ist zuständig für den Kreis Görlitz und den Altkreis Bautzen, der seit 2008 nicht mehr existiert. Der ZVOE mit seinem Verkehrsverbund VVO regelt den Verkehr im Altkreis Kamenz, den Kreisen Meißen und Sächsische Schweiz-Osterzgebirge wie auch der Landeshauptstadt. Diese Struktur ist kompliziert; sie bedeutet für Fahrgäste unterschiedliche Preise, Tickets und Bedingungen, was etwa die Mitnahme von Fahrrädern oder Hunde betrifft.

Ein Zustand, den schon mehrere Verkehrsminister beenden wollten, allerdings ohne Erfolg. Insofern ist das, was der Sozialdemokrat Dulig in den letzten Wochen vor den Landtagswahlen zu verkünden hat, ein Durchbruch. Die angestrebte Fusion in Ostsachsen sei „wirtschaftlich, gewinnbringend in unser aller Interesse und ist ein gutes Vorbild für weitere Gespräche zu Fusionen auch in anderen Zweckverbandsgebieten in Sachsen“.

Bisher scheiterte die Vereinheitlichung der Verkehrszonen am Widerstand der Zweckverbände – und der Landkreise, die sie tragen. Den Landräten ist traditionell daran gelegen, beim Regeln des Nahverkehrs eine gewichtige Stimme zu haben. Das machte Verhandlungen um neue Preise in der Vergangenheit zu politisch hoch komplizierten Prozessen. Da geht es um Machtbereiche, die keiner gern aufgibt und um Geschäftsstellen, die jeder behalten will.

Doch nun scheint der Knoten gelöst zu sein. Bautzens Landrat Witschas, der auch Vorsitzender des ZVON ist, hofft, dass es gelingen kann, „die seit 2008 mitten durch den Landkreis verlaufende Grenze der beiden Verbünde endlich abzuschaffen“. Sein Görlitzer Kollege Meyer begrüßt, dass es nun zügig vorangeht: „Mit dem Beschluss der Verbandsversammlung erhalten wir das Verhandlungsmandat, um mit den Vertretern des Zweckverband Verkehrsverbund Oberelbe über einen möglichen Zusammenschluss zu sprechen.

Deutschlandticket wirkt

Der Durchbruch war möglich, weil sich der Nahverkehr verändert hat. Die Einführung des Deutschlandtickets im Mai 2023 hat die Preishoheit der Zweckverbände obsolet gemacht. Durch die großen Ansiedlungen in Dresden, Görlitz und Bautzen ist mehr Nachfrage nach Schienenverkehr in Ostsachsen zu erwarten. Letztendlich hat die Einsicht gesiegt, dass eine reibungslose Beförderung per Zug zu einem Standortfaktor geworden ist. Die Oberlausitz muss attraktiv werden für Menschen ohne Auto.

In den anstehenden Verhandlungen wird es darum gehen, das Streckennetz zu erhalten. Die Verhandlungen sollen das Mitspracherecht der Landkreise Bautzen und Görlitz sowie der Stadt Görlitz sichern. Görlitz will die grenzüberschreitenden Verkehre und die Schmalspurbahnen in Zittau und Bad Muskau vertraglich sichern. Auch müssen die Einnahmen und Zuschüsse regional verteilt werden sowie die Übernahme des Personals und die Beibehaltung des Standortes in Bautzen.

Formal sind allerdings noch wichtige Schritte nötig, um in die Verhandlungen einzusteigen. Zum einen muss die Verbandsversammlung des ZVOE ebenfalls einen Beschluss fassen. Schließlich müssen beide Kreistage zustimmen – dazu auch der Kreistag von Meißen sowie die Stadträte von Görlitz und Dresden.