CDU in Brandenburg: Im Windschatten der Favoriten

17. September 2024

Keine andere Partei sitzt so sicher in der nächsten Regierung Brandenburgs wie die 15 Prozent starke CDU. Dennoch drohen ihr Verluste in der Lausitz. Wichtige Wählergruppen hat sie zuletzt nicht mehr überzeugen können...

von Christine Keilholz

Auf Rundreise durch den Lausitzer Strukturwandel: Die Christdemokraten Friedrich Merz, Rainer Genilke, Jan Redmann und Knut Abraham. Foto: CDU

Für Michael Schierack schlägt die Uhr bald zwölf. Er meint die Klinikuhr. Wenn jetzt nicht gehandelt werde, könne die gesundheitliche Versorgung in Brandenburg „den jetzigen Gegebenheiten nicht mehr lange standhalten“, sagt der CDU-Landtagsabgeordnete. Schierack ist 57, Arzt und Gesundheitspolitiker. Die Pläne der Ampelregierung, Kliniken auf dem Land zu schließen, werfen ein Schlaglicht auf den Zustand des brandenburgischen Gesundheitswesens. „Die Vertragsärzte werden im Schnitt immer älter und es drohen Schließungen vieler alteingesessener Praxen, für die es schlichtweg keine Nachfolger gibt“, sagt Schierack.

Die Klinikstruktur ist das Thema, mit dem sich Brandenburgs CDU in diesem Landtagswahlkampf am deutlichsten von der regierenden SPD absetzen kann. In der Sicherheitspolitik ist nun sogar die Ampelregierung für Grenzkontrollen und Messerverbote. Bleibt die Sorge um die Kliniken, denen es landauf landab an Geld und Personal fehlt. Michael Schierack reicht es nicht, eine Medizin-Universität in Cottbus zu bauen – wie es die Landesregierung plant. Die CDU fordert Anreize, um den Nachwuchs gleichmäßig im Land zu verteilen.

Brandenburgs CDU ist laut Umfragen zurzeit die drittstärkste Kraft in Brandenburg. Halb so groß wie die AfD und zehn Prozentpunkte hinter Dietmar Woidkes SPD. Das ist keine gute Position, um sich Gehör zu verschaffen. Noch dazu in einem Wahlkampf, in dem sich alle Welt nur für die AfD und Sahra Wagenknechts nagelneues Bündnis BSW zu interessieren scheint. Letzteres könnte die Christdemokraten noch vom dritten Platz stürzen.

Krankenhäuser sicher bis 2025

Die CDU war in Brandenburg nie stark genug, die Staatskanzlei zu erobern. Und doch: Keine andere Partei ist so sicher an der nächsten Regierung beteiligt wie die CDU. Sowohl Woidke als auch AfD-Spitzenkandidat Hans-Christoph Berndt werden im Falle des Sieges die Christdemokraten als Koalitionspartner brauchen – auch wenn es eine Regierung aus AfD und CDU gewiss nicht geben wird.

Aber sie hat ihre sicheren Milieus auf dem Land und damit eine starke Stimme im Gefüge der Kommunen. Von den vier Landräten der Niederlausitz sind zwei Christdemokraten – die anderen beiden parteilos. Doch eine solche Verankerung im ländlichen Raum kann schnell reißen. Diese Erfahrung haben die Parteifreunde in Sachsen bereits machen müssen. In Ostsachsen konnte die CDU bei der Wahl am 1. September von neun Wahlkreisen nur noch zwei halten. Wichtige Erbhöfe gingen dort an die AfD. Und das in dem Freistaat, der seit 35 Jahren von der CDU beherrscht wird.

Das hat auch die CDU in Brandenburg aufgeschreckt, die seit jeher auf ein konservativeres Profil setzt. In Sachsen gelang der CDU der knappe Sieg mit klaren Signalen an die AfD-Wählerschaft, so die Überzeugung innerhalb der Union. Brandenburg folgt dem Beispiel. Spitzenkandidat Jan Redmann spricht sich in seinem 100-Tage-Programm etwa für eine Grenzpolizei aus. Auch will er alle Krankenhausstandorte sichern – jedenfalls bis zum Jahr 2025, wie es im Programm heißt.

Kein eigenes Profil im Strukturwandel

Als Bundeschef Friedrich Merz Ende Juli die Lausitz besuchte, interessierte die Berichterstatter vor allem die Kanzlerfrage. Um regionale Fragen ging es kaum. Merz besuchte mit dem Spitzenkandidaten Jan Redmann die Förderbrücke F60 und die Agrargenossenschaft Sonnewalde, traf die Chefs von Leag, IHK und LMBV.

In den Lausitzer Zukunftsfragen rund um die Energiewende hat sich die CDU bis jetzt kein erkennbares eigenes Profil zugelegt. Strukturwandel bedeutet für die Abgeordneten der Lausitz in erster Linie, Geld aus Brüssel und Berlin in die Region zu holen. Was prestigeträchtige Ansiedlungen wie das Bahnwerk betrifft, bewegen sich die Christdemokraten im Fahrwasser der SPD.

Jedenfalls trat die Partei im langen Ringen um Wirtschaft und Zukunft der Lausitz kaum als Anwältin des Mittelstands auf. Die Sorgen der vielen kleineren Unternehmen, die sich von der Landesregierung übergangen fühlen, hat die CDU nicht auffangen können. Inzwischen hat sich dieser Mittelstand seine eigenen politischen Kanäle gesucht – etwa in Form der Mittelstandsinitiative Brandenburg, die seit den Kommunalwahlen in der Cottbuser Stadtverordnetenversammlung sitzt. Diese Initiative – die im Namen der Mittelstandsvereinigung der CDU ähnelt – wirbt bei ihren Kundgebungen offen für die AfD.