ANALYSE / METROPOLREGION BERLIN-BRANDENBURG UND DIE LAUSITZ
Berlin und Brandenburg wollten nicht fusionieren, aber doch gemeinsam eine Metropolregion bilden. Das klappt nicht überall gut. Am besten aber in Richtung Lausitz.
von Christine Keilholz

Berlin und Brandenburg sind ein Traumpaar. Hier die wuselige Metropole mit 3,6 Millionen Einwohnern und jährlich 188.000 Zuzüglern. Dort das ländliche Umfeld, der als Wohnbereich und industrielles Hinterland das Angebot der Großstadt ergänzt. Zusammen kommen die beiden Bundesländer auf mehr als sechs Millionen Menschen und können als Großraum mit London, Paris und diversen US-Städten mithalten.
So war das mal gedacht, als sich der Stadtstaat und der Flächenstaat Mitte der 1990er Jahre die Hände reichten. Für die Fusion reichte es zwar nicht, aber für eine „Regionale Strategie für die Metropolregion Berlin-Brandenburg“. Die sollte Maßnahmen zur wirtschaftlichen Entwicklung und zur Schaffung von Lebensqualität in beiden Bundesländern umfassen. Ziel war das Abschleifen der Unterschiede, dafür mehr Kohäsion und Synergien.
Gut gedacht, politisch geplant, aber so gut läuft es noch nicht. Davon ist Richard Meng überzeugt. „Die Stimmung zwischen den beiden Ländern ist nicht wirklich gut, die Zusammenarbeit braucht spätestens nach der Regierungsbildung in Brandenburg einen neuen Schub“, sagt der Vorstand der „Stiftung Zukunft“. Bei einer Veranstaltung der Stiftung war man jüngst überzeugt, dass die Beziehung der beiden ungleichen Partner einzuschlafen drohe. Die Kritik: Wenn es um konkrete Politik geht, sticht das jeweilige Eigeninteresse. Egal ob es um Medien, Nahverkehr oder Mitbestimmung geht.
Zugverbindungen löchrig
Die Metropolregion Berlin-Brandenburg wächst zusammen. Das hat mit der Verflechtung von Arbeit zu tun und damit, dass viele Hauptstädter das Wohnen im Umland für sich entdeckt haben. 33.000 Berlinerinnen und Berliner zogen im vergangenen Jahr nach Brandenburg.
Die Abwanderung vom Land in die Großstadt ist keine Einbahnstraße mehr – das zeigt sich in Deutschland nirgends so klar wie an den südöstlichen Ausfallstraßen Berlins in Richtung Lausitz. Urbanisierung bedeutet nicht mehr, dass Menschen aus der Region zu Berlinern werden. Urbanisierung umfasst vielmehr den ländlichen Raum, wo sich Lebensstandard, Wohlstand und sogar Coolness ans großstädtische Niveau heranarbeiten.
Dennoch bleiben Berlin und Brandenburg zwei Länder mit unterschiedlichen Entwicklungsgeschwindigkeit. Das Bruttoinlandsprodukt von Berlin lag 2023 mit 193.000 Millionen Euro mehr als doppelt so hoch wie das Brandenburgs. Die Unterschiede im Durchschnittseinkommen zwischen Berlin und der Lausitz sind signifikant. In Berlin liegt das durchschnittliche Bruttoeinkommen deutlich über dem nationalen Durchschnitt – aktuell bei 36.000 bis 40.000 Euro pro Jahr. Die Lausitzerinnen und Lausitzer indes müssen mit 25.000 und 30.000 Euro jährlich auskommen – je weiter weg von Berlin, desto weniger verdienen die Menschen.
Viel Kooperation bei Tech und Innovation
Ungeachtet dieser Unterschiede findet viel Bewegung in beide Richtungen statt. Viele Menschen, die in der Stadt arbeiten, suchen im Umland nach erschwinglichem Wohnraum, mehr Platz und Ruhe. Doch je mehr Menschen pendeln, desto voller sind Straßen und Züge. Solange die Schnellzugstrecke von Berlin über Cottbus nach Görlitz – eines der zentralen Verkehrsprojekte des Strukturwandels – nicht realisiert ist, kommen Bahnpendler nicht viel weiter als Cottbus. Jenseits der größten Stadt der Lausitz bleibt die Erreichbarkeit der ländlichen Gebiete löchrig. Ein gut ausgebautes Schienennetz könnte dazu beitragen, selbst die Oberlausitz für Berliner auf Haussuche interessant zu machen. Die Zusammenarbeit in Sachen Verkehr funktioniert zwischen Berlin und Brandenburg am besten in Richtung Lausitz, stellt die Stiftung Zukunft fest. Jenseits der Achse Berlin-Lausitz fehle bislang das nötige Engagement der beiden Landesregierungen.
Eng ist die Zusammenarbeit indes bei der Technologieförderung. In Forschung, Technologie und Start-ups zeigen sich fruchtbare Kooperationsansätze, etwa das Innovationsnetzwerk Berlin-Brandenburg, das den Austausch von Unternehmen und Forschungseinrichtungen fördert. Das führt auch zu Großprojekten wie die Technologieparks, die am Rand Berlins entstehen. Der Lausitz Science Park in Cottbus entsteht nach dem Vorbild des Technologieparks Adlershof.
Wenn in Potsdam demnächst eine neue Landesregierung steht, ist das die Gelegenheit, die müde gewordene Partnerschaft wiederzubeleben. Dafür muss das Projekt Metropolregion allerdings ins Zentrum der Landespolitik rücken, fordert die Stiftung Zukunft. Eine isolierte Gremienarbeit reiche dafür nicht aus.