ANALYSE / WIRTSCHAFT IN DER LAUSITZ
Das waren die schlechten Nachrichten
SVolt kommt nicht nach Lauchhammer + Indorama baut in Guben Stellen ab + RefLau in Schwarze Pumpe steht auf der Kippe + Alstom beendet Waggonbau in Görlitz + Porsche kommt nicht nach Schipkau

SVolt kommt nicht nach Lauchhammer
Die Investition galt als ein Glücksfall. Doch Ende Mai hat SVolt sein Engagement in Lauchhammer abgesagt. Der chinesische Batteriehersteller wird sich nicht im Kreis Oberspreewald-Lausitz ansiedeln. Lauchhammer erfuhr das ganz nebenbei. In einer langen Erklärung, in der die Chinesen ihre neue Produktionsstrategie verkündeten, hieß es, der Standort Lauchhammer in Brandenburg werde „nicht wie geplant umgesetzt“.
Für Lauchhammer ist das eine bittere Enttäuschung, von der sich die 14.000-Einwohner-Stadt noch nicht erholt hat. „Wir haben sämtliche Möglichkeiten ausgeschöpft, um nach dem Weggang von Vestas mit dieser Neuansiedlung die Stadt Lauchhammer wieder zu einem wichtigen Wirtschaftsstandort zu entwickeln“, erklärten Stadt und Stadtverordnete gemeinsam. Die Freude war groß, als die Chinesen sich für die Halle des Rotorherstellers interessierten. Von bis zu 1.000 Arbeitsplätzen war die Rede gewesen, die im ehemaligen Rotorwerk von Vestas entstehen sollten. Die Produktion sollte 2025 beginnen.
Lauchhammers Traum von einer neuen Kernindustrie bleibt vorerst unerfüllt. Das ist auch ein Rückschlag für die Lausitz und das Land Brandenburg, das sich als neues Kernland der klimaneutralen Automobil-Industrie einen Namen machen will. Brandenburg als Komplettanbieter von der Batterie bis zum fertigen Tesla-Stromer, das wird so schnell nicht funktionieren. Lauchhammer zeigt beispielhaft, dass China und seine mit staatlichen Milliarden ausgestatteten Investoren keine verlässliche Größe mehr sind.
Indorama baut in Guben Stellen ab
Während Rock Tech und Bifi in Guben Fuß fassen, verliert die Stadt ihre einstige Kernindustrie. Das Textilunternehmen Trevira baut 210 Stellen ab, das kündigte die Konzernmutter Indorama Ventures Ende Oktober an. Indorama will die Produktion von Kunstfasern nach Italien verlagern. Damit verabschiedet sich das letzte größere Unternehmen der Textilindustrie, die in Guben bis auf das Mittelalter zurückgeht.
Die Indorama-Konzernleitung in Thailand ließ sich bisher weder von Protesten des Betriebsrats noch vom Bürgermeister beeindrucken, der Fördermöglichkeiten anbot, wenn der Standort erhalten bliebe. „Dieses Werk ist das Herz des Industriegebiets gewesen“, sagte Fred Mahro (CDU) beim Muskauer Salon Talk Mitte November. „Wir schaffen zwar mit Rock Tech 400 neue Arbeitsplätze, aber das sind dann nur noch 50 Prozent neue Arbeitsplätze für die Stadt.“
Der Betriebsrat hat einen Sozialplan für die Mitarbeiter durchgesetzt. So laut die Empörung in der Lausitz auch war, die Finanzmärkte belohnten Indoramas Entscheidung. Indoramas Aktienkurs ist seit September auf zurzeit sieben Dollar gestiegen.
RefLau in Schwarze Pumpe steht auf der Kippe
Es sollte den Kraftwerksstandort Schwarze Pumpe in die Zukunft retten. Nun droht das Referenzkraftwerk Lausitz (RefLau) zu scheitern. „Wir stehen jetzt kurz davor, dass die Investition in den Industriepark verloren geht“, mahnte Geschäftsführer Ben Schüppel jüngst. Als Grund nannte er den lokalen Widerstand gegen den geplanten Windpark im Stadtwald von Spremberg. Der Park soll das Millionenprojekt mit grünem Strom versorgen – doch nach den Kommunalwahlen im Juni ist es für die parteilose Bürgermeisterin Christine Herntier umso schwerer, Mehrheiten für die Windräder zu bekommen.
Das Referenzkraftwerk ist eines der seltenen Kooperationsprojekte beider Lausitz-Länder. Die Demonstrationsanlage soll 1.000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr produzieren. Anfang 2023 bekam das Projekt 28,5 Millionen Euro Förderung aus dem Haus von Robert Habeck (Bündnis 90/die Grünen), der eigens nach Schwarze Pumpe kam. Dem Bundeswirtschaftsminister ging es darum, in der Kohleregion Lausitz den Startschuss für ein Wasserstoff-Kraftwerk abzugeben.
Habecks Besuch hat einem Projekt neuen Schwung beschert, das in sechs Jahren Vorbereitung immer wieder vor dem Aus stand. Von 100 Millionen Euro Investitionen war zeitweise die Rede. Dann aber stieg die Leag als Partner aus und vom RefLau war gar keine Rede mehr. Ben Schüppel ist Geschäftsführer der Betreibergesellschaft, seine Auftraggeber sind die beiden Energieunternehmen Enertrag und Energiequelle sowie der Zweckverband Industriepark Schwarze Pumpe. Der Zweckverband ist mit zwei Prozent am RefLau beteiligt, die beiden Unternehmen mit je 49.
Alstom beendet Waggonbau in Görlitz
Seit Herbst ist klar: Von den beiden Alstom-Standorten in Ostsachsen wird nur Bautzen bleiben. Das Waggonwert in Görlitz schließt Ende März 2026, so plant es die Konzernleitung von Alstom. Bis dahin gilt ein sogenannter Zukunftsvertrag, den das Unternehmen im vergangenen mit den 700 Mitarbeitern in Görlitz geschlossen hat. Damals hieß es, die Jobs sollen gesichert werden. Nun markiert das Ende des Tarifvertrags den Schlussstrich nach 175 Jahren Waggonbau in der Oberlausitz-Metropole.
Der Kampf um den Erhalt der Oberlausitzer Alstom-Werke dauert bereits Jahre. In Görlitz und Bautzen werden Züge hergestellt und montiert, doch vom Trend zur klimafreundlichen Mobilität konnten die Standorte bisher nicht profitieren. Schon der Vorbesitzer, der kanadische Bombardier-Konzern, hatte Schwierigkeiten, die Werke zu halten. Bombardier verkaufte 2021 an den französischen Konzern Alstom. Auch dem gelang es nicht, die Produktion zu stabilisieren.
Das soll nun immerhin in Bautzen gelingen. Dort hat Alstom im Juli eine neue Produktionslinie für Regionalzüge eröffnet. Als erstes Projekt werden hier 34 Züge vom Typ Coradia Stream für den rumänischen Regionalverkehr produziert. Der Standort Bautzen soll sich spezialisieren auf Produktion und Tests von Straßenbahnen. In den vergangenen Jahren hat Alstom aus Bautzen auch S-Bahnen und Doppelstockzüge für den internationalen Markt geliefert.
Porsche kommt nicht nach Schipkau
Seit zwei Jahren ist es das heißeste Spekulationsprojekt in der Lausitz. Doch inzwischen ist die Aufwallung um eine mögliche Porsche-Ansiedlung in Schipkau abgekühlt, ja praktisch eingefroren. Soweit bekannt: Die Porsche-Tochter Cellforce hatte sich für den alten Flugplatz Schwarzheide/Schipkau interessiert, um dort eine Batteriefabrik aufzubauen. Von einer Gigafactory war die Rede. Entsprechend groß waren die Erwartungen im Kreis Oberspreewald-Lausitz.
Doch im Frühsommer bekamen diese Hoffnung einen Dämpfer. Berichten zufolge, hegt der Porsche-Aufsichtsrat Zweifel, ob die Investition nötig sei. Als Gründe für die Skepsis wurden Probleme mit dem Absatz in China und die schwache Nachfrage nach E-Autos genannt. Auch überlege Porsche, die Batterieproduktion in den USA aufzuziehen, so die Gerüchte.
Offiziell wollte Cellforce zu möglichen Plänen in Schipkau nie etwas sagen. Auch von Lausitzer Wirtschaftsförderern gab es keine zitierfähigen Verlautbarungen – man wolle das Projekt nicht gefährden, so die Begründung. So recht aufgeben will es nun auch niemand, obwohl es seit Sommer keine Entwicklungen mehr gab. Die Bürgermeister von Schipkau und Schwarzheide betonen, sie hätten auch andere Interessenten für die Fläche. Ganz unmöglich ist es nicht, dass die erhoffte Ansiedlung der beliebten Automarke noch verkündet wird. Dass es bisher nicht dazu kam, ist eine schlechte Nachricht aus der Lausitzer Wirtschaft.
Das waren die guten Nachrichten
Rock Tech in Guben wird doch noch gefördert + Salami läuft vom Band in Guben + Altech testet erfolgreich Batterien in Schwarze Pumpe + Hy2Gen baut Elektrolyseur in Drewitz + Enertrag macht Green Fuels in Schwarze Pumpe

Rock Tech in Guben wird nun doch gefördert
Ganz glatt lief es für Rock Tech in Guben in diesem Jahr nicht. Erst erteilte das Landesamt für Umwelt im Mai die Genehmigung für einen Konverter zur Produktion von Lithiumhydroxid in Europa. Dann verweigerte der Bund die erhofften Subventionen für das Millionenprojekt. Das Bundeswirtschaftsministerium hatte keine Mittel aus der Förderrichtlinie „Resilienz und Nachhaltigkeit des Ökosystems der Batteriezellenfertigung“ für das kanadische Unternehmen übrig.
Das Unternehmen hatte auf bis zu 200 Millionen Euro aus dem Programm gehofft, um die 800-Millionen-Investition leisten zu können. Schließlich sprang das Land Brandenburg ein und organisierte 100 Millionen für das Vorzeigeprojekt in Guben. 90 Millionen kommen aus Landeskassen, die restlichen zehn Millionen vom Eisenbahn-Bundesamt.
Die komplexe Industrieanlage soll ab 2026 jährlich 24.000 Tonnen Lithiumhydroxid produzieren, das als Grundstoff für E-Auto-Batterien gebraucht wird. Bei Rock Tech sollen rund 400 Arbeitsplätze entstehen.
Salami vom Band in Guben
In Guben laufen die ersten Würstchen vom Band. Die Ansiedlung von Jack Link’s ist zwar nicht die größte, aber die Aufsehen erregendste in der Lausitz. Der US-Investor stellt in Guben Bifi-Würstchen her. Für Guben war das der Auftakt zum Aufschwung: „Als wir mit Bifi bekannt wurden, hat die Welt gelernt: Guben hat ein Industriegebiet. Vorher waren nur Schwarzheide und Schwarze Pumpe bekannt“, sagte Bürgermeister Fred Mahro (CDU) jüngst beim Muskauer Salon Talk.
Zurzeit wird das neue Werk in Betrieb genommen. Ab 2025 will Jack Link‘s jährlich 80 bis 100 Millionen Packungen der beliebten Wurst in Guben herstellen – konkret soll es die Variante „Bifi Original“ im Sechserpack sein. Das US-Familienunternehmen zählt die Salami seit 2014 zu ihrer Markenfamilie.
Der Bau ging erfreulich schnell. Nach dem Spatenstich im Oktober 2022 war Anfang dieses Jahres bereits Richtfest für die 220 Meter lange und 40 Meter breite Produktionshalle gefeiert worden. Guben ist neben dem bayerischen Ansbach der zweite Standort in Deutschland.
Altech testet Batterien für Schwarze Pumpe
Altech Batteries hat erfolgreich im Oktober den ersten Prototypen seiner sogenannten „cerenergy-Batterie ABS 60“ getestet. Damit rückt die Serienproduktion in Schwarze Pumpe näher. Das australische Unternehmen Altech Industries ist seit 2022 im Industriepark aktiv und arbeitet dort an Batteriematerialien und nachhaltiger Energiespeicherung.
Aktuell konzentriert sich Altech auf die Errichtung einer Fabrik für Batterie-Vorprodukte, insbesondere die Herstellung von innovativen Anodenmaterialien wie „Siluma Anodes“, die für Lithium-Ionen-Batterien in Elektrofahrzeugen genutzt werden. Die Anlage soll im Vollbetrieb jährlich 10.000 Tonnen des Materials produzieren.
Dafür plant Altech mit 150 Arbeitsplätzen und langfristigen Investitionen von über einer Milliarde Euro, die auch eine weitere Fabrik für Großbatterien umfassen könnten. Eine Pilotanlage steht bereits, die Finanzierung für die große Fertigungshalle soll im ersten Halbjahr 2025 stehen.
Hy2gen baut Elektrolyseur in Drewitz
Nachhaltiger Treibstoff liegt im Trend. Auf dem alten Flugplatz Drewitz im Kreis Spree-Neiße will das Unternehmen Hy2Gen groß in die Wasserstoffwirtschaft einsteigen. Bis 2027 soll auf dem Green Areal Lausitz (Gral) eine Anlage für grünen Wasserstoff und nachhaltigen Flugzeugtreibstoff stehen.
Das Projekt mit dem Namen „Jangada“ umfasst 500 Millionen Euro Investitionen und beginnt mit dem Bau eines Elektrolyseurs mit zunächst 123 Megawatt Kapazität. Die Anlage wird mit erneuerbaren Energien betrieben, um klimafreundliche Kraftstoffe zu produzieren.
Das Hy2Gen-Projekt war das erste große Investment, das sich auf dem ehemaligen Militärflugplatz in Drewitz angekündigt hat. Bis jetzt ist es der Leuchtturm in diesem umweltfreundlichen Gewerbepark mit 200 Hektar Fläche. Damit liefert Hy2Gen Argumente zum weiteren Ausbau des Gral, der sich aus privatem Engagement entwickelt hat, ganz außerhalb der Strukturplanungen der brandenburgischen Landesregierung.
Enertrag macht Green Fuels in Schwarze Pumpe
Das Energieunternehmen aus Schenkenberg gehört längst zu den großen Namen der Lausitzer Wirtschaft. Mit dem Einstieg beim Referenzkraftwerk Lausitz (RefLau) in Schwarze Pumpe begann das Engagement der Uckermärker. Nun will Enertrag ebendort grüne Kraftstoffe – Power to Liquid (PtL) – herstellen.
Eine vom Bundesverkehrsministerium geförderte Machbarkeitsstudie für eine PtL-Anlage in Schwarze Pumpe hat gute Bedingungen beschieden. Demnach ist im Industriepark alles Wesentliche vorhanden, um eine solche Produktion zu starten.
In den kommenden Jahren will Enertrag eine Anlage zur Produktion von strombasierten Kohlenwasserstoffen mit Fokus auf nachhaltige Flugkraftstoffe dort planen und bauen. Projektname: Green Fuels Lausitz.