Kreise am Limit

8. April 2025

ANALYSE / KOMMUNALFINANZEN IN DER LAUSITZ

Die Kreise ächzen unter steigenden Ausgaben. Ohne schmerzhafte Abstriche kommen keine Haushalte zustande. Ein Milliardenpaket für Infrastruktur hilft nur bedingt.

von Christine Keilholz

Notruf aus Bautzen: Einen Forderungskatalog schickten Landrat Udo Witschas (CDU) und die Kreisräte im Dezember nach Dresden. Foto: LRA Bautzen
Notruf aus Bautzen: Einen Forderungskatalog schickten Landrat Udo Witschas (CDU) und die Kreisräte im Dezember nach Dresden. Foto: LRA Bautzen

Anfang Februar kam die erlösende Nachricht aus Dresden. Sachsens Landesdirektion hatte endlich den Haushalt für den Kreis Bautzen genehmigt. Unter Auflagen zwar, aber immerhin weiß das Landratsamt in Bautzen nun, dass es für dieses Jahr und das kommende Jahr insgesamt knapp 1,4 Milliarden Euro in der Kasse hat. Damit ist der Kreis Bautzen schonmal weiter als die Kollegen in Oberspreewald-Lausitz und Spree-Neiße, die ihr Budget wohl erst in der zweiten Jahreshälfte genehmigt bekommen.

In Bautzen kam das grüne Licht nur dank einer Sonderregelung des sächsischen Innenministeriums, denn der Kreis kann im Jahr 2026 keinen Haushaltsausgleich erreichen. Bereits in diesem Jahr haut die Rechnung nur hin, weil der Kreis in die Rücklagen greift. Für die nächsten zwei Jahre muss das Landratsamt knapp zwölf Millionen an Krediten aufnehmen, um über die Runden zu kommen und zumindest ein bisschen investieren zu können. Dafür muss der Kreis nun ein sogenanntes Haushaltsstrukturkonzept aufstellen – eine Art Strafaufgabe für säumige Haushälter. Dabei steht Bautzen mit seinem Defizit bei Weitem nicht allein da.

Die aktuelle Debatte über die öffentlichen Haushalte hat die Notwendigkeit einer fairen Geldverteilung zwischen den Kommunen in den Vordergrund gerückt. Während einige Landkreise von höheren Zuweisungen profitieren, fühlen sich andere, wie Görlitz und Spree-Neiße, benachteiligt. Diese Ungleichheiten führen zu einem Wettlauf um Fördermittel und verstärken die bestehenden finanziellen Disparitäten.

Geldströme neu ordnen

Die Landkreise sind finanziell in hohem Maße abhängig von Zuweisungen der Länder. Viele Kommunen kämpfen mit sinkenden Einnahmen aus der Gewerbesteuer, was auf die Abwanderung von Unternehmen und den Rückgang der Bevölkerung zurückzuführen ist. Im ländlichen Elbe-Elster und in Teilen von Bautzen ist die demografische Entwicklung alarmierend. Die Abwanderung junger Menschen – und sei es nur ins nahe gelegene Dresden – lässt die Bevölkerung als Ganzes altern, was wiederum die Ausgaben für soziale Dienstleistungen erhöht.

Rufe aus den Landratsämtern, die finanziellen Beziehungen grundsätzlich neu zu ordnen, werden nun wieder lauter. Brandenburg und Sachsen müssen ihre eigenen schwierigen Haushalte beschließen, nun mit neuen Koalitionen und vertrackten Mehrheitsverhältnissen. Derweil in Berlin eine neue Bundesregierung entsteht, die bereits umstrittene finanzielle Entscheidungen getroffen hat. Fraglich ist nun, was bei den 500 Milliarden Euro an geplanten Rüstungsausgaben für die Kommunen übrig bleibt – und wie diese von den weiteren 500 Milliarden für Infrastruktur profitieren können.

Doch es sind weniger die maroden Straßen und Brücken, die die Kreishaushalte belasten. Vielmehr klagen die Landräte über die Sozialausgaben, die ihnen über den Kopf wachsen. „Ohne eine Neuausrichtung der sozialen Sicherungssysteme durch Bund und Land wird es nicht gelingen, diese Entwicklung zu stoppen“, lässt etwa Siegurd Heinze (parteilos), Landrat von Oberspreewald-Lausitz mitteilen. „Ohne einen Stopp des Ausgabenwachstums und eine Stärkung der kommunalen Einnahmebasis droht den Landkreishaushalten der Kollaps.“ Ähnlich heißt es in einem Forderungspapier, das der Deutsche Landkreistag kürzlich nach Berlin geschickt hat. Die Kreise mahnen darin eine Mindestausstattung durch Land und Bund an, um ihr strukturelles Finanzproblem zu beheben.

Keine Sonderzuweisungen für Gemeinden

Bei den Ländern ist die Dringlichkeit angekommen. Brandenburg überarbeitet aktuell seine Kommunalverfassung, damit Städte und Gemeinden ihre Haushalte erstellen können – das ist aktuell unter den knappen Verhältnissen vielerorts nicht möglich. In Sachsen ist ein neues Finanzausgleichsgesetz in Arbeit, das in den nächsten Monaten beschlossen werden soll. Allerdings wird angesichts knapper Landeskassen wohl auch dann kein Reichtum in den Kommunen ausbrechen.

Immerhin plant die Minderheitsregierung von CDU und SPD im aktuellen Doppelhaushalt 17 Milliarden Euro an kommunalen Zuweisungen. Darin enthalten ist ein rund 600 Millionen Euro schweres Hilfspaket für die Kommunen. „Ein Drittel des Etatentwurfes ist damit für die Städte, Gemeinden und Landkreise vorgesehen“, verkündete Finanzminister Christian Piwarz (CDU) jüngst bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfs. Ansonsten verwies er auf die Bundesebene, denn die dort „rasant gestiegenen Sozialausgaben nehmen den Kommunen die Luft zum Atmen“.

Konkret nehmen die Kreise dem Bund Ausgaben übel, die mit dem Bürgergeld zusammenhängen. Es sei falsch gewesen, ukrainischen Geflüchteten Zugang zum Bürgergeld zu gewähren, heißt es aus dem Landkreistag. Der Bund beteilige sich nur noch zum Teil an den Unterkunftskosten für Geflüchtete im Bürgergeld. Dadurch fehlen laut dem Spitzenverband den Landkreisen und Städten mittlerweile 8,4 Milliarden Euro. Die Kreise fordern eine Rückkehr zur vollständigen Kostenübernahme durch den Bund.

Um ihre Einkünfte aufzubessern, bitten die Kreise nun die Städte und Gemeinden kräftiger zur Kasse. Fast alle Lausitzer Landratsämter haben die Kreisumlage erhöht, ergab eine Umfrage von Neue Lausitz. Das erhöht wiederum den Druck auf die Rathäuser. Bei ihrer jüngsten Versammlung in Weißkeißel brachten die Kommunen der Lausitz-Runde deshalb eine Sonderbedarfszuweisung ins Gespräch – allerdings ohne Erfolg.