ANALYSE / KOALITIONSVERTRAG VON CDU UND SPD
Im Koalitionsvertrag wird die Lausitz nicht erwähnt, aber sie scheint an vielen Stellen durch. Etwa da, wo die Energiewende um die verbindlichen Ziele der Ampel erleichtert wird.
von Christine Keilholz

Von der Lausitz weiß der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD nichts. Die Energieregion wird kein einziges Mal erwähnt in dem 146 Seiten langem Dokument der wahrscheinlich künftigen Regierungsparteien. Die Braunkohle kommt nur dreimal vor, Kraftwerke so gut wie gar nicht. In den Kapiteln, die sich mit Energie befassen, geht es stattdessen um Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit.
Die künftige Koalition schenkt den Regionen im energetischen Strukturwandel keine besondere Aufmerksamkeit mehr – anders als die Ampel-Regierung noch 2021. Das lässt erkennen, dass die Kohlereviere ihren Status als Sonderbedarfszonen eingebüßt haben.
Kohleausstieg: spätestens 2038
Als Antwort bietet die neue Koalition ein nuanciertes Zurückdrehen einiger besonders heftig kritisierter Ampel-Entscheidungen an, etwa beim vorgezogenen Kohleausstieg. Im Unterschied zum Bündnis aus SPD, Grünen und FDP will die künftige Regierung von Friedrich Merz (CDU) an den beschlossenen Ausstiegspfaden für die Braunkohleverstromung „bis spätestens 2038“ festhalten.
Damit rückt das Ende der Kohleverstromung vom 2021 formulierten „idealerweise bis 2030“ wieder auf die von Bund und Ländern beschlossene längere Zeitschiene.
Auch besteht nicht mehr ausdrücklich das Ziel, die fossile Energiegewinnung so schnell wie möglich zu beenden. Die geplanten Gaskraftwerke steigen zwar auf eine Gesamtkapazität von 20 Gigawatt, müssen aber nicht zwingend wasserstofftauglich (h2 ready) sein. Der Zeitplan, Kohlekraftwerke vom Netz oder in die Reserve zu nehmen, müsse sich danach richten, wie schnell steuerbare Gaskraftwerke zur Verfügung stehen.
Der Weg über das Gas hin zum erneuerbaren Wasserstoff, der vier Jahre lang galt, ist damit aufgegeben. Umweltverbände kritisieren das scharf: „Zwar bekennen sich Union und SPD offiziell zu mehr Klimaschutz und dem Ausbau der erneuerbaren Energien, gleichzeitig setzen sie in entscheidenden Punkten auf fossile Energieträger“, sagte Felix Ekardt, Vorsitzender des BUND Sachsen.
Erneuerbare: zu überprüfen
Die Energiewende wird insgesamt fünfmal erwähnt. CDU, CSU und SPD wollen am Weg hin zur Klimaneutralität festhalten, nur mit einem neuen Fokus. Man will Wirtschaft und Verbraucher stärker zu Mitgestaltern machen – durch Entbürokratisierung, Mieterstrom, Bürgerenergie und Energy sharing. Grundsätzlich will die Koalition auch bei der Energie die „heimische Produktion stärken“.
Ansonsten legt sich der Vertrag noch nicht auf konkrete Energieträger fest. Die bisherige Energiepolitik soll mit einem Monitoring bis zur Sommerpause 2025 überprüft werden, um Erkenntnisse zum Stand von Versorgungssicherheit, Netzausbau und Wasserstoff-Hochlauf zu gewinnen. Dabei gilt der Grundsatz: „Wir stehen für eine konsequente Ausrichtung aller Bereiche auf Bezahlbarkeit, Kosteneffizienz und Versorgungssicherheit.“
Der Ausbau der Erneuerbaren soll durch leichtere Planung schneller werden. Man will dafür prüfen, ob Infrastrukturprojekte der Energiewende vereinfacht werden können. Die Zwischenziele des Windflächenbedarfs bis 2027 bleiben unberührt. Die Flächenziele für 2030, die zwei Prozent der Landesfläche betreffen, werden evaluiert. Der Bau von Windenergiegebieten soll vor Ort steuerbar werden, um die Akzeptanz zu erhöhen. Die Mitwirkung der Kommunen hatte die Ampel ausgesetzt, um den Ausbau zu beschleunigen.
Strukturförderung: 40 Milliarden bleiben
Beim Strukturwandel setzt die Koalition auf Kontinuität. Die Zusagen aus dem Strukturstärkungsgesetz und die Vereinbarungen zwischen dem Bund und den betroffenen Ländern werden eingehalten, heißt es im Vertrag: „Wir setzen die Empfehlungen der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ um und stellen die zugesagten Strukturstärkungsmittel in voller Höhe bis Ende 2038 zur Verfügung.“
Einem möglichen Verfall der Mittel wird mit Flexibilisierung begegnet. Die Zweckbindung der Strukturmittel soll indes erhalten bleiben. Eine Verrechnung mit anderweitigen Programmen erfolge nicht. Damit bleibt es bei den 40 Milliarden Euro bis zum endgültigen Kohleausstieg, die der Bund den Kohleregionen 2019 versprochen hat und die 2020 in Bundesgesetz gegossen wurden.