Haushalt als Machtprobe

24. Juni 2025

ANALYSE / FINANZEN IN BRANDENBURG UND SACHSEN

Riskante Balance in Brandenburg und Spagat in Sachsen: Nach den zähen Haushaltsverhandlungen sind die Machtverhältnisse in den Ländern neu geordnet. Die Politik in den Ländern ist störanfällig geworden.

von Robert Saar

Brandenburgs Doppelhaushalt wurde am Freitag verabschiedet. Foto: Landtag Brandenburg / Steffen Gloede
Brandenburgs Doppelhaushalt wurde am Freitag verabschiedet. Foto: Landtag Brandenburg / Steffen Gloede

Ein halbes Jahr hatten Brandenburg und Sachsen keinen gültigen Haushalt. Kurz vor den Sommerferien ist es nun soweit: In Potsdam hat der Landtag den Doppelhaushalt für 2025 und 2026 beschlossen. Der in dritter Lesung beschlossene Etat ist ein Balanceakt. Das fragile Regierungsbündnis aus SPD und BSW will viel investieren, muss aber sparen.

In Dresden haben sich vier Fraktionen auf einen Haushalt geeinigt. Oder anders gesagt: Auf ein gemeinsames Abstimmungsverhalten an diesem Donnerstag, bei der letzten Plenarsitzung vor der Sommerpause. In Sachsen muss das Einverständnis weit über die Koalition aus CDU und SPD hinausgehen. Ohne die Linken und die Grünen wird es keinen Haushalt geben. Nie zuvor mussten so unterschiedliche finanzielle Interessen bedient werden.

Somit endet ein halbes Jahr, in dem nur das Nötigste bezahlt werden konnte. In dem die Angst vor existenzbedrohenden Kürzungen um sich griff und der Kampf ums Geld aufs Heftigste ausgetragen wurde. Diese grundsätzlichen Konflikte dürften allerdings kaum beendet sein, nur weil es jetzt konkrete Zuweisungen gibt.

Ja zu neuen Schulden

Diese Haushaltsverhandlungen waren schwierig, weil die Mehrheitsverhältnisse schwierig sind. Die Landtagswahlen im vergangenen September brachten zähe Verhandlungen um tragfähige Koalitionen. In Brandenburg musste die kampferprobte SPD mit Sahra Wagenknechts Bündnis einlassen – einer politischen Neuerscheinung, die ihren Zenit wahrscheinlich schon überschritten hat. In Sachsen repräsentiert das eingeübte Tandem aus CDU und SPD nur noch knapp 41 Prozent der Wählerschaft. Die Politik der Länder ist störanfällig geworden. Wenige Abweichler können im Landtag Entscheidungen blockieren. Unter diesen Umständen wurden die Haushaltsverhandlungen ein Dreivierteljahr nach den Wahlen zur neuerlichen Machtprobe.

Neue Töne sind nun zu hören. „In solchen Momenten zeigt sich, wer wirklich für dieses Land arbeitet – und wer nicht“, sagte Sachsens Grünen-Fraktionschefin Franziska Schubert. „Wir holen jetzt die Kuh vom Eis, müssen aber weiter dafür kämpfen, dass sie Futter bekommt“, sagte die Linke Susanne Schaper, als sie die Zustimmung ihrer Fraktion zum Haushalt erklärte. Zum ersten Mal in 35 Jahren hatte ihre Partei Einfluss darauf, wofür in Sachsen Geld ausgegeben wird. Linke und Grüne hatten der Koalition katalogweise Änderungen durchbekommen. Dazu das Ja zu neuen Schulden.

Das Handeln bestimmt die CDU in Sachsen nicht mehr. Wäre es nach den Christdemokraten gegangen, hätte es keine Schulden gegeben. „Das ist ein Ordnungshaushalt, mit dem wir beginnen, die Staatsfinanzen neu zu strukturieren“, sagte CDU-Fraktionschef Christian Hartmann. Die Partei, die nur unwillig finanzielle Zugeständnisse an Koalitionspartner macht, musste nun auch der Opposition stattgeben. Sachsens Linke bekamen höhere Zuschüsse für Kitas und Integration, Krankenhäuser und Sportstätten. Die Grünen erkämpften sich Geld für Naturschutz und Klima. Das Wichtigste: Die Oppositionsparteien können mitentscheiden, wie das Geld aus dem 500-Milliarden-Sondervermögen des Bunds in Sachsen ausgegeben wird.

Rechnungshof protestiert

Derweil segelt Brandenburg finanziell hart am Wind. Von den 16,7 und 17,4 Milliarden Euro, die die rot-lila Regierung in den nächsten beiden Jahren ausgeben will, sind mehr als vier Milliarden nicht gedeckt. Helfen sollen Kredite von insgesamt zwei Milliarden, die durch die gelockerte Schuldenbremse möglich werden. Überdies greift die Landesregierung in die Rücklagen. Von den 700 Millionen Euro, die das Land auf der hohen Kante hat, wird nach dieser Haushaltsperiode nur noch die Hälfte da sein.

Dieses Vorgehen wird heftig kritisiert vom Landesrechnungshof und von den Kommunen. Letztere müssen insgesamt 326 Millionen Euro an Rückzahlungen und Ausgleichszahlungen leisten. Denn die Regierung will nicht nur sparen erklärtermaßen mehr als zwei Prozent pro Ministerium – sondern auch investieren: Mehr Geld soll es für Kitas, Schulen und Straßenbau geben sowie für Krankenhäuser und zusätzliche Stellen bei der Polizei.

Brandenburgs Koalition wollte den Eindruck eines Sparhaushalts vermeiden und stattdessen die Investitionen in Infrastruktur leisten, die sie versprochen hat. Eine schwierige Balance, die nur durch maximales Ausnutzen von Kreditspielräumen möglich war. Was aber heißt: Nichts darf schiefgehen. Jede unerwartete Ausgabe kann sich fatal auswirken. So oder so: Künftige Generationen werden tilgen müssen, was Brandenburgs Regierung jetzt für ihren eigenen Erhalt aufnimmt.