Bernsdorfs Boom

7. Oktober 2025

HINTERGRUND / WIRTSCHAFT IM KREIS BAUTZEN

Der Kleinstadt im Kreis Bautzen sind glanzvolle Ansiedlungen gelungen, von denen andere Orte nur träumen können. Das hilft auch über den Verlust einer Traditionsindustrie hinweg.

von Christine Keilholz

Mit dem japanischen Autozulieferer TDDK begann eine Reihe von erfolgreichen Ansiedlungen. Foto: TDDK
Mit dem japanischen Autozulieferer TDDK begann eine Reihe von erfolgreichen Ansiedlungen. Foto: TDDK

Die Glashütte von Bernsdorf im Kreis Bautzen wird es nicht mehr lange geben. Der US-Konzern O-I Glass zieht sich aus der Stadt zurück. Was lange befürchtet wurde, hat  das Unternehmen in der vergangenen Woche seinen Mitarbeitern mitgeteilt. Die Produktion läuft bereits seit August nicht mehr. O-I-Glass hat in Bernsdorf Behälterglas hergestellt und damit auch das Jägermeister-Werk im benachbarten Kamenz beliefert.

Für Bernsdorf bedeutet das einen Verlust von 100 Arbeitsplätzen. Bürgermeister Harry Habel (CDU) sprach von einer 150 jährigen Glasmachertradition, die nun ihr Ende finde: „Die Schließung ist aus wirtschaftlicher wie auch ökologischer Sicht schwer zu verstehen“, sagte Habel. Doch eine Tragödie ist es nicht. Die Kleinstadt hat in den vergangenen Jahren eine Reihe von Wirtschaftsnachrichten produziert. Die meisten waren gut oder hoffnungsvoll.

Bernsdorf mit seinen 6.300 Einwohnern und seinen vier Ortsteilen ist eins der dynamischen Industriezentren östlich von Dresden geworden. Wachstumsmotor ist das Industriegebiet im Ortsteil Straßgräbchen, wo einige spektakuläre Ansiedlungen gelungen sind.

Klimakompressoren und Wärmepumpen

Den Anfang machte TDDK im Jahr 2000. Gerade erst hat die japanische Toyota-Tochter ihr Kompressorenwerk in Straßgräbchen erweitert. Zur Einweihung der neuen Halle passend zum 25-jährigen Jubiläum kamen Ende September Landrat und Ministerpräsident. TDDK ist eins der stillen Wirtschaftswunder der Lausitz. Die Japaner machen nicht oft von sich reden, doch ihre Niederlassung in Bernsdorf ist stetig gewachsen zu einem der größten Arbeitgeber weit und breit mit derzeit 900 Mitarbeitern.

Ein weiterer Ansiedlungs-Coup gelang Ende 2023, als die österreichische iDM Energiesysteme ihr Interesse für die Stadt bekundet hat. Das Familienunternehmen aus Matrei in Osttirol stellt seit 1997 Heiztechnologie her, die regenerative Energiequellen nutzt. Die Entscheidung für Bernsdorf fiel bei einem Treffen mit Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) in der Staatskanzlei in Dresden. Um die Ansiedlung zu ermöglichen, hat der Freistaat 15 Millionen Euro an Strukturmitteln locker gemacht für passende Flächen. Der Gewerbepark in Straßgräbchen soll in den nächsten Jahren auf 36 Hektar anwachsen.

Bernsdorf profitiert von der günstigen Lage vor den Toren von Dresden. Der Flughafen Dresden ist 40 Kilometer entfernt. Das lockt auch Mittelständler an, die global orientiert sind. Der Anlagenbauer Grötschel hat im September den Spaten gesetzt für eine Fabrik. Das Unternehmen, das seit 170 Jahren in Bernsdorf ansässig ist, will zehn Millionen investieren. Der Münchner Maschinenbauer Maurer ist mit seinen Spezialkonstruktionen und Brückenlagern international tätig und unterhält in Bernsdorf eine Niederlassung.

Mittelständler und Bundeswehr 

Das größte Aufsehen verschaffte Bernsdorf indes eine Investition der öffentlichen Hand. Im Frühjahr 2024 bekam die Stadt den Zuschlag für den lange erwarteten Bundeswehr-Standort. Das Logistikbataillon 471 wird in Straßgräbchen direkt neben TDDK bauen. Dort entstehen auf der 320 Hektar großen NVA-Fläche eine neue Kaserne, ein Übungsplatz und eine Schießanlage. Zu DDR-Zeiten waren hier Raketen stationiert – bald werden es 800 Dienstposten der Bundeswehr sein, davon 700 Soldatinnen und Soldaten.

Damit wird Bernsdorf zudem eine Marke auf der Landkarte der europäischen Verteidigung gegen potentielle Aggressionen aus Russland. Die ist indes langfristig ausgelegt. Die Bauarbeiten für das Bataillon werden wahrscheinlich erst in den 2030er Jahren abgeschlossen sein.