Trüffel als Zubrot: Wie sich Landwirte dem Klimawandel stellen

18. November 2025

HINTERGRUND / DÜRRE IN DER LAUSITZ

Trockenheit, magere Böden und Erosion bringen viele Betriebe an ihre Grenzen. Nun bringen Forscher neue Pflanzen ins Spiel. Mit ersten Erfolgen.

Von Gereon Wintz

Die großen zusammenhängenden Ackerflächen bilden Angriffsfläche für Erosion durch Wind und Wasser. Foto: LIL
Die großen zusammenhängenden Ackerflächen bilden Angriffsfläche für Erosion durch Wind und Wasser. Foto: LIL

Landwirtschaft in der Lausitz ist mehr als Mais, Raps und Weizen auf riesigen Feldern. Auch Trüffel könnten bald dazu gehören. Immer mehr Agrarbetriebe in der Region sind gezwungen umzudenken, denn der Klimawandel stellt ihre Existenz infrage. „Seit 2018 haben wir mit extremer Trockenheit zu kämpfen“, erzählt Landwirt Thomas Domin aus Peickwitz bei Senftenberg: „Da haben wir uns an jeden Strohhalm geklammert“.

Das beschäftigt auch die Forschung. „Innerhalb Deutschlands ist die Lausitz eine der durch den Klimawandel am stärksten herausgeforderten Regionen“, bestätigt Thomas Maurer vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (Zalf) in Müncheberg. Die Folgen steigender Temperaturen und sinkender Niederschläge werden hier zusätzlich durch geringe Bodenqualität verstärkt. Wie kann Landwirtschaft in Zukunft trotzdem gelingen – und welche Rolle könnten Edelpilze dabei spielen?

Kein Verlass auf Regen

Im Projekt Land-Innovation-Lausitz (LIL) will der promovierte Geologe Maurer mit Kolleginnen und Kollegen vom Zalf und der BTU Cottbus-Senftenberg Konzepte entwickeln, mit denen die Landwirtschaft in der Region dem Klimawandel begegnen kann. Die zunehmende Trockenheit der zurückliegenden Jahre wird sich wahrscheinlich in Zukunft weiter verschärfen. Mit diesem Schicksal steht die Lausitz zwar nicht allein da, aber sie ist in besonderem Maße betroffen. „Die sandigen Böden, die wir in der Lausitz zumeist vorfinden, können Wasser nur schlecht halten, sodass Niederschläge großteils versickern“, erklärt Maurer. Vom raren Regen bleibt für die Pflanzen daher nur wenig.

Hinzu kommt: Wenn es regnet, dann eher im Winter, wenn das Wasser eigentlich nicht gebraucht wird. Die Sommer hingegen werden immer trockener. „Wir beobachten jetzt schon Niederschlagsmengen im Sommer, die in den semiariden Bereich gehen.“ Typisches Steppenklima also, bei dem phasenweise mehr Wasser verdunstet als nachregnen kann. „Das bedeutet, dass eine allein regenbasierte Landwirtschaft nicht mehr möglich ist“, warnt Maurer. Bewässerung in großem Stil kann keine Lösung sein. Längst gibt es Konflikte um die Verteilung der knappen Wasserressourcen. 

Ein weiteres Problem stellt die Flächenstruktur dar. In der Lausitz prägen große Schläge das Landschaftsbild. Die großen zusammenhängenden Ackerflächen bilden Angriffsfläche für Erosion durch Wind und Wasser. „Bei starken Windereignissen fliegt dem Bauern auch mal der halbe Acker um die Ohren“, meint Maurer. Solche Stürme dürften sich durch den Klimawandel häufen und Stück für Stück wertvolle Bodenschichten abtragen. 

Luzerne soll helfen

Was kann die Landwirtschaft also tun, um sich erfolgreich anzupassen? „Wir haben noch keine schlüsselfertigen Rezepte, aber wir haben Anhaltspunkte, wie es besser laufen könnte“, ordnet Maurer ein. Eine Pauschallösung gibt es nicht, vielmehr ein Puzzle aus Strategien: Auf trockenheitsresistente Pflanzen setzen, die Flächennutzung anpassen oder die Wertschöpfung mit neuen Verarbeitungsmethoden steigern. Dabei könnte der Region zu Gute kommen, was anderswo schon erprobt wurde. 

Was wir immer mehr sehen werden, sind faserreiche Pflanzen, die genutzt werden, um fossile Materialien zu ersetzen“, sagt Maurer. Beispiel Baumwolle: Deren Anbauländer USA oder Usbekistan haben mit den Folgen der Erderwärmung zu kämpfen. Folglich wird Baumwolle in Zukunft wohl weltweit weniger angebaut werden. Alternativen sind gefragt, also Pflanzen, die für Papier und Verpackungsmaterialien, aber auch Textilien verwendet werden können. 

Wie die Luzerne. Die Verwandte des Klees kommt in der biologischen Landwirtschaft bereits häufig als Gründünger zum Einsatz, da sie den Stickstoffgehalt im Boden erhöht. Für die armen Lausitzer Böden ist sie daher besonders interessant. Die Blätter der Luzerne eignen sich außerdem als Viehfutter. Das Team von LIL um Thomas Maurer möchte die Wertschöpfung rund um die Luzerne noch erweitern: Mit neuen Verfahren lassen sich die die Fasern der Pflanzenstängel für Textilien nutzen.   

Champagnerroggen rettet Ernte

Landwirt Domin setzt auf alte Sorten und Eingriffe in die Landschaftsstruktur. In Brandenburg ist der Peickwitzer einer der Pioniere der Agroforst-Bewegung, also der Kombination von Ackerbau und Forstwirtschaft. Seine Felder hat er durch Baumstreifen unterteilt. „Mit den Bäumen stellen wir quasi alte, kleinteilige Landschaftsstrukturen wieder her“, erklärt der Landwirt. Mit Erfolg. Vor zehn Jahren hat er die ersten Erlen, Weiden und Pappeln gepflanzt. Die sind nun zum Teil bereits gefällt und treiben neu aus. 

Zwischen den Baumreihen baut Domin Champagnerroggen an, eine alte Getreidesorte, die mit Trockenheit relativ gut klarkommt. Dank der Bäume hat sich das Mikroklima deutlich verbessert. Auch kann die Feuchtigkeit besser gehalten werden. Was Domin außerdem freut: „Der Ackerboden bleibt da, wo er hingehört: Auf den Feldern.“ 

Auf einem Testfeld bei Drebkau hat LIL trockenheitsresistente Eichen aus dem Mittelmeerraum gepflanzt. Ihre Wurzeln wurden mit Trüffelsporen beimpft. Trüffel aus der Lausitz – klingt noch exotisch. Aber auch hier könnte die Lausitz davon profitieren, dass andere Länder noch stärker mit dem Klimawandel zu kämpfen haben. Die Erträge in Spanien, Frankreich und Italien gehen zurück. Das verschiebt den Anbau weiter gen Norden. In der Theorie könnten sie zu einem interessanten Zubrot für Lausitzer Landwirte werden. Ob die Edelpilze tatsächlich im Lausitzer Sand gedeihen, wird sich erst in den kommenden Jahren erweisen.