INTERVIEW / TAGEBAUE IN DER LAUSITZ
Der Bergbau-Sanierer LMBV muss seine Aufgaben angesichts Wassermangel und erneuerbarer Energien neu sortieren. Das heißt auch, einzelne Projekte länger warten zu lassen, sagt Geschäftsführer Bernd Sablotny im Interview.

Herr Sablotny, wann haben Sie wieder ein Stück Landschaft fertig?
Einfach gesagt: Wir versuchen, so viel wie möglich so schnell wie möglich fertigzubekommen. Wir konzentrieren uns auf solche Flächen, die den Menschen und der Region so viel wie möglich nutzen ohne dabei die Gefährdungssituationen, insbesondere in den setzungsfließgefährdeten Innenkippen, außer Acht zu lassen. Ein Kriterium dabei ist auch die Wirtschaftlichkeit. Das mag seltsam klingen, aber das haben wir vorher so nicht so gemacht.
Das klingt wirklich seltsam. Wie kommt das?
Das kommt daher, dass wir unsere Aufgaben jetzt neu strukturieren können und müssen. In den letzten 30 Jahren haben wir uns auf die Tagbaurestlöcher konzentriert. Hier mussten wir unter dem Druck des Grundwasseranstiegs und der Flutung die geotechnische Sicherheit für die Tagebaurestseen herstellen. Weiterhin galt es die Altlasten an den Standorten von Kokereien und Schwelereien in den Griff zu bekommen. Wir wissen jetzt, dass wir noch Jahrzehnte zu tun haben werden, um die Bergbauschäden zu beseitigen und unserer Wiedernutzbarmachungsverpflichtung nachzukommen. Das war am Anfang anders. Da ging man davon aus, dass die Braunkohlesanierung in einer überschaubaren Zeit abgeschlossen werden kann.
Im aktuellen Verwaltungsabkommen ist deshalb festgehalten, dass die Braunkohlesanierung zwar schon weit vorangeschritten ist, aber ein Abschluss „zurzeit noch nicht absehbar“ sei.
Die Fiktion einer zeitnahen Endlichkeit unserer Arbeit ist damit beendet. Für die lange Zukunft, die wir jetzt vor uns haben, muss man Strategien entwickeln.
Was bedeutet das konkret?
Dass wir uns zu allererst jede Innenkippe konkret angeschaut haben. Die haben wir zerlegt in gleichartige Bereiche. Wenn wir beispielsweise in der Mitte sanieren, kann das zwar konstengünstig sein. Aber so kriegt man keine zusammenhängende Fläche. Unsere Priorität liegt jetzt dort, wo wir am schnellsten zusammenhängende Flächen wieder saniert bekommen und freigeben können. Unser Ziel ist, in den nächsten Jahren so viel Fläche wie möglich zurückzugeben. Da wird es natürlich Bereiche geben, die länger warten müssen.
Das klingt, als wollten Sie Erwartungen dämpfen.
Nein, ganz im Gegenteil. Wir wollen in einer überschaubaren Zeit von 15 bis 20 Jahren zirka 80 Prozent der Innenkippen, immerhin 44.000 Hektar, wieder freigeben. Derzeit sind noch 30.000 Hektar gesperrt, davon 10.000 Hektar Wasserfläche. Damit geben wir der Öffentlichkeit, den Planungsträgern und den Eigentümern Transparenz und Verlässlichkeit.
Womit erreichen Sie den für die Öffentlichkeit größten Nutzen?
Indem wir zum Beispiel die sogenannte Restlochkette zunächst fertigstellen und freigeben. Das sind der Geierswalder, der Partwitzer und der Sedlitzer See sowie der damit verbundene Großräschener See. Dort steuern wir die gesamte Flutung nach sanierungstechnischen Erfordernissen. Großräschen, also der alte Tagebau Meuro, ist bereits komplett möbliert. Man darf aber noch nicht ins Wasser, weil wir den unteren Wasserstand noch nicht verlässlich halten können und dann Untiefen entstehen werden. Hier ist zu beachten, dass in diesen Bereichen dann die Trittsicherheit nicht gegeben ist. Der Plan ist, zur Saison 2026 die gesamte Restlochkette freizugeben. Damit entsteht eine verbundene Seefläche mit einem gleichen Wasserstand von zirka 100 Metern, die ohne Schleusen dazwischen befahrbar ist.
Wenn Ihnen der Wassermangel nicht einen Strich durch die Rechnung macht.
Ja, wir haben in der Lausitz in der Regel kein übermäßiges Wasserdargebot, auch spüren wir schon die Auswirkungen des Klimawandels. All das bedarf eines erheblichen Aufwands in der Gewässersteuerung. Mit der Flutungszentrale Lausitz der LMBV haben wir eine Einrichtung geschaffen, die diese Aufgaben in enger Zusammenarbeit mit den Wasserbehörden der Länder erfolgreich wahrnimmt. Bis jetzt sind unsere Seen zu 90 Prozent gefüllt und für den verbleibenden Rest bin ich optimistisch.
Was kostet all das?
Insgesamt haben wir für die Sanierung des ehemaligen Braunkohlebergbaus in Mitteldeutschland und der Lausitz sowie für die Verwahrung der Bergwerke im Bereich Kali, Spat, Erz zirka 13,5 Milliarden Euro ausgegeben. Allein für die Braunkohlesanierung stehen uns in diesem Verwaltungsabkommen bis Ende 2027 noch einmal 1,5 Milliarden zur Verfügung. Das verdeutlicht den finanziellen Rahmen, in dem wir uns bewegen. Bund und Länder haben zugesichert, auch zukünftig die Sanierung und Verwahrung zu finanzieren. Nicht zu vergessen: Wir sind mit rund 400 unserer 700 Mitarbeiter einer der größeren Arbeitgeber in der Lausitz. Und wir müssen noch Personal aufstocken, um unsere Aufgaben zu erfüllen.
Wie kommt der Boom der erneuerbaren Energien bei Ihnen an? Dafür werden aktuell überall Flächen gesucht.
Das merken wir natürlich auch. Wir bekommen zurzeit verstärkt Anfragen nach Flächen. Dazu muss man wissen, dass uns gar nicht mehr viele Flächen gehören. Und von denen, die wir haben, sind nur wenige geeignet. Wir werden in diesem Jahr einige dieser Flächen auf dem Markt anbieten. Welche genau, das prüfen wir noch.
Was hat für Sie Priorität: das öffentliche Interesse an Energieflächen oder das öffentliche Interesse an fertigen Seen und Stränden?
Beides, denn beide Ziele stehen für uns nicht in Konkurrenz zueinander. Priorität hat unsere Sanierungstätigkeit, mit der wir die bergbaubedingten Gefahren beseitigen und die Wiedernutzbarmachung als Voraussetzung für eine Folgenutzung sicherstellen. Die Ziele für die Folgenutzung sind uns durch die Landesplanung und die kommunalen Planungsträger vorgegeben. An diesen Zielen haben wir uns auszurichten.
Bernd Sablotny, 1963 in Essen geboren, begann nach dem Studium des Bergbaus an der RWTH Aachen 1993 seine Laufbahn im Sächsischen Oberbergamt. Von 2010 bis 2019 war er Abteilungsleiter Verkehr im Sächsischen Wirtschaftsministerium. Seit Januar 2022 ist er Technischer Geschäftsführer und Sprecher der Geschäftsführung der Lausitzer und mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV). Mit Bernd Sablotny sprach Christine Keilholz.